Hydraulischer Abgleich mit Max-Thermostaten überflüssig ?

Begonnen von John, 13 März 2013, 23:56:00

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John

Auf der dieser Web-Seite von ELV
http://www.elv.de/MAX!-Heizk%C3%B6rperthermostat-als-ARR-Bausatz/x.aspx/cid_726/detail_38046

findet sich folgende Aussage

ZitatDie adaptive Regelung des elektronischen Heizkörperthermostaten passt sich den räumlichen Verhältnissen an, und auf einen hydraulischen Abgleich der einzelnen Heizkörperventile kann verzichtet werden.


Mir ist mit den hilfreichen Kurven von FHEM aufgefallen, dass meine Thermostate permanent deutlich unter
30% geöffnet sind. (ausser bei Sollwertsprüngen).
Die Kurven zeigen, dass mehr als genug Wärmereserven vorhanden sind um die Regelung zu realisieren.
Es gab vorher Beschwerden über die schlechte Temperierung einzelner Zimmer. Seit dem Umbau hat sich
die Kritiklage entspannt.

Ich habe nun die Heizkennlinie der Brennerregelung sukzessiv um einige Punkte nach unten verschoben
und den Sollwert der druckgeregelten Heizungspumpe reduziert.

Bin neugierig, was die Heizkurven neues an Information bringen.

Ist also der der hydraulische Abgleich überflüssig (laut Internet mit  500 EUR zu veranschlagen)  ?

Was sind eure Erfahrungen ?



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John

Ich habe versucht zum heutigen Tag einen vergleichbaren Referenztag in der Vergangenheit zu finden
und hab ein "kritisches" Zimmer gewählt, das vermutlich wirklich von einer hydraulischen Fehlanpassung
betroffen war (Dachgeschoss, am weitesten vom Verteiler entfernt, Beschwerden, dass es nicht warm genug wird)

Die ersten beiden Kurven zeigen die Aussentemperatur an den beiden Tagen.
Kurve 3 und 4 das jeweilige Regelverhalten.


(siehe Anhang / see attachement)


Das Regelverhalten ist insgesamt träger geworden, was sich durch die deutlich reduzierte Vorlauftemperatur erklärt.
Dafür gibts kein Überschwingen mehr.
Der Heizungsraum ist vom subjektiven Empfinden her deutlich kälter als vorher.

Die Solltemperatur wird nach wie vor erreicht, energetisch dürfte sich die reduzierte Vorlauftemperatur sehr positiv auswirken.

Die bisherigen  Erkenntnisse unterstützen die Behauptung von ELV, dass mit den Thermostaten kein hydraulischer Abgleich
notwendig ist.
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Olaf A

Hallo John,

aus meiner Erfahrung aus der HKL Technik habe ich lernen müssen.
Wenn die Physik nicht stimmt kann man mit der Regelung nichts mehr retten.

Soll heisen wenn die Hydraulig einigermaßen pass kann mit der Regelung etwas verbesser werden.
Widerum ist die Hydraulig nicht OK. dann kann man auch nichts mehr regel.

Das sollte mann immer bei einer solchen Aussage beachten.

Gruß Olaf
FHEM auf CubieTruck:
Max mit Cube, HMLAN; MAX-Thermostaten; Homematic-Komponenten, SIS PM Schalter, JeeLink.

John

Hallo Olaf,
vielen Dank für Deine Antwort

es geht eigentlich um ganz praktische Fragen in Zusammenhang mit den MAX-Thermostaten:

1. Kann ich erkennen, ob die eingestellte Vorlauftemperatur passt ?

2. Kann ich aufgrund der Kurvenverläufe (Istwert, Sollwert, Ventilstellung) erkennen, ob ein hydraulischer Abgleich notwendig ist ?


Ich habe meine Vorlauftemperatur bis auf 35 Grad abgesenkt, so dass ca. 15 Grad Temperaturdifferenz für den
Heizkörper bleiben (angenommene 20 Grad Raumtemperatur). Die HK-Pumpe ist druckgeregelt.

Alle Thermostatventile haben im eingeschwungenen Zustand (nach Sollwertsprung) max. eine Ventilstellung von 60%.

Damit ist folgendes klar:
Jedes Thermostat hat eine ausreichende Gangreserve für die Regelaufgabe (mind. 40% ).

Angenommen wir hätten ein hydrostatisches Problem an einem Strang:
- dann würde die Solltemperatur in diesem Raum nicht erreicht werden und der Regler muss die 100% Ventilstellung erreichen

Angenommen wir hätten eine zu gering Vorlauftemperatur
- dann würde vermutlich mehrere Thermostate an die 100% Ventilstellung gehen, aber natürlich der hydrostatisch am schlechtesten eingestellte zuerst

Letztlich zeigt mir eine dauerhaft hohe mittlere Ventilstellung (geringe Gangreserve), an dass am System "Heizung" etwas nicht stimmt.


Sehe ich das richtig ?


John
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Olaf A

Hallo John,

Es giebt da noch eine interesante Möglichkeit dir Vorlauftemperatur zu Regen.

Wenn du von allen Heizkörpern die Venttielstellung hast, kann man über eine Max-Abfrage den größen Wert abfragen und diesen z. B. auf 90% abfragen. Nun kann man die Vorlauftemperatur so weit senken bis das erste Ventiel 90% erreicht hat und dann die Temperatur halten.

Wenn jetzt eine Vetiel über 90% geht muss die Vorlauf Temp angehoben werden bis dieses wieder 90% erreicht hat und natürlich umgekehrt.

Diese Vorgangsweise sollte ausreichn um das Haus warm zu halten und die Kesselzeit so gering wie möglich zu halten.
Sprich besser kann die Energie nicht genutzt werden.

Wie  man das den nun aber in FHEM unsetzt kann ich noch nicht sagen.  Diese Regelungsart habe ich aber in Firma auf anderen Systemen hergestellt.

Schau doch mal ob das was währe um Energie zu sparen und mit deiner Aussage hattest du schon recht.

Grüße aus dem Urlaub (Philipienen bei 30°C)

Olaf
FHEM auf CubieTruck:
Max mit Cube, HMLAN; MAX-Thermostaten; Homematic-Komponenten, SIS PM Schalter, JeeLink.

Joachim

Moin John,

ich klinke mich hier mal ein,
die Werbeaussage von ELV ist eine Werbeaussage, die so nicht haltbar ist.
genauere Informationen findest du z.B. hier.

--> http://www.hydraulischer-abgleich.de/

Wenn Dein Heizungsbauer vor und bei der Erstellung Deiner Anlage seine Hausaufgaben gemacht hat, wirst Du aller
Vorraussicht nach keinen Hydraulischen Abgleich benötigen.

Du hast durch die Anzeige der Ventilstellungen allerdings die Möglichkeit, zu erkennen, ob Deine Anlage Verbesserungspotential hat.

Wenn alle Räume Wohlfühltemperatur haben und eingeschwungen sind (die Temperatur, die für den einzelnen Raum sinnvoll sind, z.B. Flur 17°, Wohnzimmer 22°, Schlafzimmer 16°), dann sollten alle Ventile ungefähr gleich weit geöffnet sein, und nicht zwischendurch komplett schliessen (sonst Vorlauftemperatur oder Wassermenge zu hoch).
Wenn jetzt eine oder mehrere Ventilstellungen nach oben oder unten ausreissen, dann kann hier durch Drosselung des Heizkörpers mit der geringsten Ventilöffnung hydraulisch eingegrifen werden. Das geht z.B. durch gezieltes Schliessen einer vorhandenen Rücklaufverschraubung. Dadurch nimmt die Wassermenge, die durch diesen Heizkörper fliesst ab (das Ventil mus für gleiche Wärmemenge weiter öffnen), und es steht mehr Wasser für die anderen zur Verfügung. Das ist bei nicht feineinstellbaren Rücklaufverschraubungen ein Geduldspiel, und geht eigentlich nur bei entsprechend geringen Aussentemperaturen.
Erst danach macht es wirklich Sinn, mit der Vorlauftemperatur, Kennlinie und der Pumpenmenge zu spielen.
Da kommt dann der Vorschlag von Olaf ins Spiel.

Rücklaufverschraubungen gibt es auch als feineinstellbare Rücklaufverschraubungen, oder man nimmt voreinstellbare Thermostatventile.

Das war jetzt massiv vereinfacht, und die Heizungsbauer mögen es mir Verzeihen.

Gruß Joachim
FHEM aktuellste Version auf FB 7570 und 7390 mit Zebradem Toolbox Freetz
FHEM auf Raspberry
1-Wire mit LinkUSBi und Rs-Pi ds2482-800  1-Wire-9 Board; Max mit Cube, HMLAN
div. 1-Wire Sensoren; MAX-Thermostaten; Homematic-Komponenten, Zehnder KWL über RS-232

John

Hallo Joachim,

besten Dank für Deine Antwort.

Nach allem was ich bisher gelesen habe, besteht der vom Heizungsbauer durchgeführte
hydraulische Abgleich darin, viele physikalische Parameter aufzunehmen
und für einen festgelegten Arbeitspunkt den Solldurchfluss je Heizkörper zu errechnen.

Gemessen wird hier nichts, sondern nur gerechnet.

Wir können aber mit unseren MAX.Thermostaten messen und wissen damit über die tatsächlich physikalischen Gegebenheiten
weit mehr als der Heizungsbauer. (Ventilstellung zu unterschiedlichen Arbeitspunkten)

Die Drosselung der Wassermenge durch die Rücklaufverschraubung bedeutet regelungstechnisch, dass ich den möglichen Stellbereich
des Thermostats reduziere.

Dasselbe kannst man aber auch direkt mit dem MAX-Thermostat erreichen, indem du den Wert maxValveSetting z.B. von 100 auf 80 % reduzierst.

Hat also ELV doch recht ?

John

CubieTruck Docker Node-Red Tasmota Shelly Homematic-IP

John

Ich habe nun einige Diskussionen mit HKL-Fachleuten hinter mir und bin zu folgendem Ergebnis gekommen.

ZitatWenn der Stellausgang jedes Ventils im Heizungssystem über alle Arbeitspunkte hinweg
noch deutlich von 100% entfernt ist, kann man das System als abgeglichen betrachten.
Es gibt zu keinem Zeitpunkt unterversorgte Bereiche.
Die Stellreserve der Ventile ist damit jederzeit gegeben.
Einen hydraulischen Abgleich kann man sich in diesem Fall sparen.

Der Stellausgang der Thermostatventile ist ein unmittelbarer Indikator für die Regelfähigkeit des Systems
und damit für die Notwendigkeit eines hydraulischen Abgleichs.

Mit dem Max-Thermostaten und dem Scanner haben wir damit ein Werkzeug, mit dem wir dies objektiv beurteilen können.

Ist die Regelfähigkeit nicht gegeben kann man mit folgenden Mitteln eingreifen:

a. die Durchflussmenge einzelner "grosser" Verbraucher begrenzen (Begrenzung des Stellausgangs am Max-Ventil)
(gleichbedeutend mit der Begrenzung der Durchflussmenge durch einstellbare Rücklaufverschraubungen)

b. den Zeitpunkt der Sollwertsprünge versetzt anordnen (Zeitschaltprogramme)


John



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John

Noch ein Nachtrag zum Thema:

Auf dieser Seite verweist ELV auf eine Studie,
in der die Einsparungspotential von elektronischen Thermostaten begründet wird.

Auszug S. 28
ZitatDurch den Einbau von elektronisch gesteuerten Heizungsventilen und den Austausch der Heizkreispumpe,
kann der gleiche Einspareffekt erreicht werden, wie mit dem herkömmlichen hydraulischen Abgleich.
...
Mit elektronischen gesteuerten Heizungsventilen kann eine Optimierung des Heizkreises im Sinne eines
hydraulischen Abgleichs durchgeführt werden. Das Einsparpotential wird mit bis zu 20% angegeben. (S. 28)


John
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fiedel

Hi John,

vorausgesetzt die Hydraulik stimmt im Groben, ist es sogar besser, dem Thermostat seinen großen Stellbereich nicht per Drosselventil zu begrenzen: Z.B. nach dem Lüften brauchst du einen schnellen Temperaturanstieg im Heizkörper. Der Thermostat kann dann kurzzeitig weiter aufmachen(durch Signal von Fensterkontakt). Ist der Volumenstrom aber fest gedrosselt, kann auch der Anstieg im Heizkörper nicht größer sein, als durch die feste Begrenzung vorgegeben.
Fußbodenheizungen dagegen könnte man so (Volumenstrom "optimal" gedrosselt) fahren, da durch die hohe thermische Masse meist genügend Wärme im Estrich steckt und das System dadurch auch sehr träge ist.

Gruß

Frank
FeatureLevel: 6.1 auf Wyse N03D ; Deb. 11 ; Perl: v5.14.2 ; IO: HM-MOD-RPI-PCB + VCCU|CUL 868 V 1.66|LinkUSBi |TEK603
HM: SEC-SCO|SCI-3-FM|LC-SW4-PCB|ES-PMSW1-PL|RC-4-2|SEN-MDIR-O|SEC-WDS-2
CUL: HMS100TF|FS20 S4A-2 ; OWDevice: DS18S20|DS2401|DS2406|DS2423

John

Hallo fiedel,

ich stimme dir grundsätzlich zu.

Die spannende Frage ist jedoch, wie erkennt man zuverlässig ob:

Zitatdie Hydraulik ... im Groben
stimmt.


John
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fiedel

Also Rohrnetzberechnung ist zu aufwändig für uns Hobbyheizungsoptimierer, glaub ich. ;o) Ich würde es so testen: wenn es wieder was zu heizen gibt, alle Thermostate voll auf und Pumpe ggf. etwas höher und "Auto aus" stellen. Jetzt bewaffnet mit IR- Thermometer (zur Not auch mit geeichter Fühlhand) durchs Haus marschieren und gucken, ob es grobe "Ausreißer" gibt.

Also z.B. hydraulisch dem Kessel nahe gelegene Heizkörper, die schnell sehr heiß werden ("hydr. Kurzschluss"), oder hydr. weit entfernte Heizkörper die gar nicht, oder nur wenig warm werden. Gibt es nahe HK, die schnell sehr heiß werden, kann man diese nun per Feineinsteller etwas drosseln und die entfernten zu kalten etwas öffnen, falls nicht schon ganz offen. Immer in kleinen Schritten und dann wieder messen/fühlen. Generell sollte nur so viel wie nötig gedrosselt werden, da durch den verringerten Volumenstrom der entsprechende HK langsamer warm wird. Alternativ zu den Feineinstellern, geht das natürlich auch per Voreinstellung am elektron. Thermostat.
Das wäre jetzt schon ein kleiner selbst gemachter Hydr. Abgleich, der im EFH übrigens völlig ausreichend ist.
Wichtig dabei: Jeder HK braucht einen speziellen Volumenstrom der z.B. im Datenblatt steht. Die Pumpe muss für den Test so hoch gestellt werden, dass alle HK theorethisch ausreichend versorgt werden. Später kann sie dann wieder so weit runtergestellt werden, dass gerade noch überall die gewünschten Temperaturen erreicht werden und etwas Zuschlag für "Turboaufheizung" nach dem Lüften (austesten). Und entlüftet muss die Anlage natürlich auch sein. Falls es irgenwo gluckert - Schlüsselchen und Schüsselchen holen... ;o)

Ansonsten bist du ja schon auf dem richtigen Weg. Wenn die VL- Temp. und die Pumpenleistung auf niedrige Werte optimiert sind, bei denen die gewünschten Temperaturen überall mit weit geöffneten Thermostatventilen (möglichst wenig "Reserven") erreicht werden, heizt man energiesparend. Theoretisch verlängern sich dadurch die Aufheizphasen, z.B. nach Nachtabschaltung. Aber moderne Kessel haben dafür auch schon spezielle Aufheizprogramme.

Gruß

Frank
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HM: SEC-SCO|SCI-3-FM|LC-SW4-PCB|ES-PMSW1-PL|RC-4-2|SEN-MDIR-O|SEC-WDS-2
CUL: HMS100TF|FS20 S4A-2 ; OWDevice: DS18S20|DS2401|DS2406|DS2423

John

Hallo Frank ,
besten Dank für die ausführliche Antwort.

Was hälts du statt
ZitatImmer in kleinen Schritten und dann wieder messen/fühlen
von folgender Variante:

Alle Heizkörper über Nacht auf 16 Grad absenken.

Um 03:00 gemeinsamer Sollwertsprung auf 19 Grad.

Dann wird man Kurven wie hier
Link
erhalten.


Die Rangfolge in der die Thermostate den Raum auf Solltemperatur bringen ist gleichzeitig ein Maß für
deren über/Unterversorgung mit Wärme.

Die schlecht versorgten Heizkörper werdend den Sollwert als letzte erreichen, vermutlich stark verzögert,
erst dann wenn die anderen zurück geregelt haben.

Erreichen alle Thermostate die Temperatur in einer vertretbaren Zeit (2..3h) dann wäre für mich die Anlage
grob abgeglichen.

Ansonsten kann man bei den "Gewinnern" über MaxValveSetting die Wärmezufuhr begrenzen und einen neuen Testlauf fahren.

Vorteil: man muss selbst nur noch Auswerten und hat alles Schwarz auf Weiss.

John


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