Ab wann lohnt sich Heizungssteuerung?

Begonnen von Baumi, 27 November 2016, 23:22:43

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Baumi

Hallo alle!

Mein Spieltrieb hat mich dazu gebracht, über eine Heizungssteuerung nachzudenken, aber mein Kopf sagt mir, dass die für uns wahrscheinlich keinen Sinn ergibt. Darum würde mich die Ansicht von Leuten interessieren, die schon Erfahrung in diesem Bereich haben.

Wenn ich das richtig verstehe, lohnt sich eine Heizungsautomatik um so weniger, je besser das Haus isoliert ist. Denn wenn wenig Wärme verloren geht, muss die Heizung sowieso rund um die Uhr weniger leisten, folglich machen sich auch Temperaturabsenkungen über Nacht oder bei Abwesenheit weniger bemerkbar.

Unsere Wohnung hat sehr dicke Altbau-Wände und dazu auch noch Heizungs-Zuleitungen, die größtenteils über Putz verlegt sind, also während der Heizperiode sowieso immer Wärme abgeben, egal wie der Thermostat steht. Ich habe jetzt in unserer (recht kleinen) Küche einmal nachgemessen: Wenn ich bei ca. 0° Außentemperatur und 22° Raumtemperatur abends die Heizung abdrehe (Tür und Fenster geschlossen), habe ich in dem Raum am nächsten Morgen i.d.R. noch immer mehr als 20°C. Unter diesen Umständen brächte eine Heizungssteuerung keine nennenswerte Ersparnis, oder irre ich mich da?

EDIT:Es handelt sich um eine Mietwohnung, d.h. ich habe keine Kontrolle über die Heizung selbst, sondern nur über die Thermostate.

Zusatzfrage: Bisher war der Winter hier recht mild. Könnte sich das Bild bei tieferen Temperaturen deutlich ändern, oder wenn die Außenwände durch eine längere Frostperiode stärker abkühlen?

der-Lolo

#1
Das kommt wohl wirklich extrem auf den Fall an, ich habe damals für die Mietwohnung Max Equipment für ungefähr 200€ angeschafft - in jedem Jahr gab es Rückzahlungen bzgl. der Heizkosten, gekoppelt mit Bluetooth an den Handys um Anwesenheit zu erfassen und entsprechend zu steuern, oder eben ungenutzte Räume besser unter Kontrolle zu haben war die Sache echt gut.
Nun wo es um ein komplettes, gedämmtes Haus geht sieht es anders aus, lieber stetig wenig heizen als on <-> off, vorallem aber auch weil nun Fußbodenheizung und keine Radiatoren mehr - also ein trägeres System...

Wenn bei dir in der Küche z.b. die Steigleitungen auch für Mieter über Dir sind kann es sein, dass Deine Kosten sinken - dafür aber die allgemeinen Kosten steigen. Warum sind die Dinger denn nicht isoliert?

Tiefere Aussentemperatur bedeuten ein größeres Delta T, die Verluste sind also auch größer - mit anderen Worten, wenn es draussen kälter wird und du abschaltest wird es drinnen auch kälter. Per definition gibt es ja keine Kälte - sondern nur fehlende Wärmeenergie...
Vielleicht schaust Du Dir mal Formeln zum Thema Heizlastberechnung an.
https://www.haustechnikverstehen.de/heizlastberechnung/

Baumi

#2
Danke für die Antwort!

Was die Rohre angeht, würde zumindest eine Dämmung allein in meiner Wohnung keinen Sinn ergeben.  Wir haben an den Heizkörpern diese Zähler, die einmal jährlich abgelesen werden. Die messen aber nur, wie viel Energie über den Heizkörper abgegeben wurde. Alle Wärme, die von den Rohren abgestrahlt wird, taucht nicht in dieser Abrechnung auf, sondern wird anteilig auf alle Parteien umgelegt. Würde ich nun als einziger Bewohner meine Rohre dämmen, müssten die Heizkörper mehr Arbeit leisten, d.h. der Anteil, den ich alleine zahle, würde steigen, und der, den sich alle teilen, würde sinken. Gleichzeitig müsste ich trotzdem noch meinen Anteil an der Rohrabstrahlung aller anderen Parteien zahlen. Da das Haus ein Dutzend Parteien hat, wäre das mit Sicherheit ein Verlustgeschäft.

Warum nicht alle Rohre gedämmt sind? Ich denke mal, dass die Wohnungsbaugesellschaft davon ausgeht, dass die Leute ihre Wohnungen sowieso heizen. Solange die Rohre alleine eine Wohnung nicht zu warm machen und alle Kosten wieder reinkommen, ist es der Gesellschaft egal, ob das durch Umlage oder individuelle Abrechnung passiert. Darum sparen sie sich das Geld, was die Isoliermasse kosten würde. (Zumindest in den Wohnungen. Unten im Keller sind die Rohre natürlich isoliert.) Abgesehen davon sind die Rohrisolierungen, die ich kenne, relativ fragil (Kinder oder Haustiere könnten da schnell mal Reparaturen nötig machen) und auch nicht gerade schön anzusehen – ich hätte die jedenfalls nicht gerne im Wohnzimmer.

chris1284

weil ich es gerade gelesen habe : https://forum.fhem.de/index.php/topic,61458.0.html

schau dir mal antwort 8 an
ZitatAch ja: Nahezu jede Art von elektronischen Heizkörperreglern bietet gegenüber den alten mechanischen Thermostaten ein Einsparpotenzial von etwa 25%.
ich würde einfach mal pah nach der meinung fragen.

ich denke schon das allein die optimiertere steuerung der elektr. thermostate etwas bringt. wenn zb der mechanische zu träge ist und das zimmer zb erst 3° C abkühlen muss bis er wieder das ventil öffnet muss mehr wärme zugeführt werden als wenn der elektr. bereit bei -1° eingreift. und dann ist da noch der komfort-punkt: ich finds gut beim lüften nicht mehr an thermostate denken zu müssen (fensterkontakte) oder mal von unterwegs oder vom sofa im bad die heizung hochzuregeln.

Prof. Dr. Peter Henning

Gilt nach wie vor:

Nahezu jede Art von elektronischen Heizkörperreglern bietet gegenüber den alten mechanischen Thermostaten ein Einsparpotenzial von etwa 25%.

Die Rohre werden übrigens nur dann warm, wenn warmes Wasser durchfließt - also mindestens einer der Thermostate geöffnet ist. Insofern ist die Messung am Heizkörper sehr wohl auch ein Maß für die Wärmeenergie, die von den Rohren abgegeben wird.

Richtig ist aber, dass deren Isolierung im bewohnten Bereich deshalb fast nichts bringt. Man sollte sie jedoch im Keller isolieren.

LG

pah


danillo

ZitatDie messen aber nur, wie viel Energie über den Heizkörper abgegeben wurde.
Sicher, dass das stimmt?

Baumi

Zitat von: Prof. Dr. Peter Henning am 28 November 2016, 07:50:58
Nahezu jede Art von elektronischen Heizkörperreglern bietet gegenüber den alten mechanischen Thermostaten ein Einsparpotenzial von etwa 25%.

Herzlichen Dank für die Antwort, das ist sehr gut zu wissen!

ZitatDie Rohre werden übrigens nur dann warm, wenn warmes Wasser durchfließt - also mindestens einer der Thermostate geöffnet ist.

Ist leider eine Einrohrheizung mit Parallelschaltung, Layout sieht ungefähr so aus.


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Steigleitung ist links, Rücklauf ist rechts, Heizkörper hängen hintereinander am Rohr, das Steigleitung und Rücklauf verbindet, und jeder hat sein eigenes Ventil mit Thermostat. Selbst wenn man alle Thermostaten schließen würde, kann das warme Wasser immer noch ungehindert unten durch das Strangrohr fließen.

Der Strang geht auf diese Weise quer durch alle Wohnungen auf der Etage, d.h. der Rücklauf ist bei uns in der Wohnung, die Steigleitung bei einem der Nachbarn.

Wikipedia sagt dazu:

ZitatDa während der Heizperiode alle Rohrleitungen ständig vom Heizwasser durchströmt werden, tritt während dieses Zeitraumes auch ständig eine Wärmeabgabe auf. [...]

In Heizungssystemen mit Parallelschaltung (verwirklicht als sog. Bypässe) kommt es auch bei nicht gegebener Wärmeabnahme (geschlossenen Heizkörperventilen) zu permanenter Heizwasserströmung.

Zitat von: danillo am 28 November 2016, 07:53:19
ZitatDie messen aber nur, wie viel Energie über den Heizkörper abgegeben wurde.
Sicher, dass das stimmt?
Ja, siehe hier:

ZitatVor allem bei elektronischen Heizkostenverteilern kann es zu Verzerrungen bei der Kostenverteilung kommen, wenn ein erheblicher Anteil der Wärme von ungedämmten Heizleitungen ausgeht, dieser aber von den Heizkostenverteilern nicht erfasst wird. Dies tritt in besonderem Maße bei Einrohrheizungen auf.

Wird m.W. auch in unserer Abrechnung berücksichtigt. Ein gewisser Teil der Kosten wird, wenn ich mich recht erinnere, als Rohrabwärme pauschal nach Wohnungsgröße umgelegt, der Rest dann nach den Werten auf den Heizkostenverteilern. (Ansonsten müssten jemand, der sich dick anzieht und dem darum die Rohrabwärme genügt, ja gar keine Heizkosten zahlen, und das wäre nicht im Sinne der Wohnungsbaugesellschaft.)

@Alle:
Nochmal danke für die hilfreichen Informationen! Ich glaube, jetzt habe ich eine gewisse Basis, um durchzurechnen, inwiefern sich eine Umrüstung für uns lohnt.

Prof. Dr. Peter Henning

ZitatIst leider eine Einrohrheizung mit Parallelschaltung

Brrr.

LG

pah

danillo

Bei Verdunstungszählern wird auch die Rohrwärme miterfasst. Das Röhrchen weiß ja nicht, warum es warm ist  8)

Prof. Dr. Peter Henning

Das stimmt nicht ganz, denn Fremdwärme (egal, ob von einem Rohr oder vom Kaminofen) wird bei Verdunstungszählern nur in untergeordnetem Maß erfasst. Deshalb muss so etwas wie eine Steigleitung in nur einem Teil der Wohnungen bei der Berechnung mit berücksichtigt werden.

Bei entsprechenden Physikkenntnissen gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, solche Verdunstungszähler zu manipulieren.

LG

pah

Fritz Muster

Ich denke, das bezogen auf die Gegebenheiten von Baumi (Mietwohnung ohne Einfluss auf den Wärmeerzeuger) elektronische Heizkörperthermostate eine Einsparung erzielen können. Ob das die so oft angepriesenen bis zu 30% sind hängt von vielen Faktoren ab wie z.B. das Verhältnis von Anwesend/Abwesend, in welchen Zeiten sind die Abwesenheiten, welche Raumtemperaturen sind gewünscht usw.

Ganz anders sieht es meiner Meinung nach aus wenn Zugriff auf Wärmeerzeuger und Verteilernetz besteht. In diesem Fall bringen dann, ein maximal optimietes System vorausgesetzt, elektronische Heizkörperthermostate nahezu keine Einsparung.

Grüße Fritz

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Prof. Dr. Peter Henning

"Maximal optimiertes System vorausgesetzt" trifft in der Regel nicht zu.

LG

pah

Tedious

Ich hake da mal kurz mit einer Zwischenfrage ein, da es ja grade um Optimieren geht. Ich habe ein Haus gekauft, Bj 1985, gedämmt ab Bau mit Styrodur. Nicht ganz state of the art, aber immerhin. Im ganzen Haus FBH, ich habe die Heizkurven modifiziert und komme so langsam da hin wo ich hin will (Heizungsregelung ist eine Viola Bifferal mit Außenfühler). FBH ist mit alten, mechanischen Reglern ausgestattet. Gewinne ich da überhaupt was wenn ich die ersetze und durch FHEM steuern lasse - die RTs sind an sich relativ konstant, das scheint mit dem Außenfühler ganz gut zu passen. Ich habe zentral einen großen Kachelofen, wenn der an ist sehe ich das an den Rücklauftemperaturen, die sinken deutlich weniger ab. Mein laienhaftes Verständnis sagt mir "denn läuft die Heizung weniger wenn der Ofen an ist, passt". Macht das Sinn hier regulierend einzugreifen, oder ist das denn die Rubrik "Finetuning" und die Ersparnis passiert zum Großteil eh im Keller durch eine passende Heizkurve? Der Ofen wird bei passenden Temperaturen vermutlich +/- den ganzen Winter brennen.
FHEM auf Proxmox-VM (Intel NUC) mit 4xMapleCUN (433,3x868) und Jeelink, HUE, MiLight, Max!, SonOff, Zigbee, Alexa, uvm...

Fritz Muster

Ich denke da die FBH ja von Haus aus mit Systemtemp. um die 27° fährt ( je niedriger die Systemtemp. um so geringer sind die absoluten Einsparungen), macht eine Umrüstung auf elektronische Regler kein Sinn. Zumal die vorhandenen Regler ja den Heizkreis schließen, wenn der Ofen in Betrieb ist.

Was ich aber sagen kann ist, das die elektronischen Regler viel Potential "zum Spielen" beinhalten, wie z.B Visualierung der Werte auf Tablet usw.  ;)
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Fritz Muster

Zitat von: Prof. Dr. Peter Henning am 30 November 2016, 14:36:08
"Maximal optimiertes System vorausgesetzt" trifft in der Regel nicht zu.

Soll heißen das in einem optimierten System (möglichst hohe Volumenströme, niedrige Systemtemp., 24/7 Heizbetrieb usw.) elektronische Thermostaten keine Einsparung bringen. Es kann sogar sein, das durch die Handhabung solcher Thermostaten mehr Heizleistung benötigt wird.

Grüße Fritz
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